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Fakultät Architektur und Bauingenieurwesen

Lehre

Der Lehrstuhl Gebäudetypologien vertritt die Studienrichtung Architektur und Städtebau in der Entwurfslehre im Rahmen unterschiedlicher Entwurfsseminare und Vorlesungsreihen, im Objektentwurf sowie im Gebäudelehre-Entwurf.

Entwurfsprozesse nachvollziehbar zu machen, den konzeptionellen Aspekt des Entwerfens zu vertiefen, das bewusste Setzen einer Idee und deren Logik als unabdingbare Voraussetzung eines jeden Entwurfs begreifbar zu machen und den typologischen Zusammenhang aufzuzeigen, sind primäre Ziele der Lehre.

Im Vordergrund der Ausbildung steht somit der konzeptionelle Aspekt des Entwerfens. Er beinhaltet gleichermaßen die Forderung nach Abstraktion, nach analytischem Denken sowie nach Genauigkeit und Disziplin. Er soll die Grundlage der Entwürfe bestimmen hinsichtlich konstruktiver Klarheit, präziser Proportion und, nicht zuletzt, in Bezug auf die zurückhaltende Semantik der Gestaltung.

Mittels Abstraktion werden störende und damit verwirrende Einzelheiten einer realen Erscheinung "weggedacht", wie Max Bill 1947 treffend formulierte, um die wesentlichen Zusammenhänge komplizierter  Vorgänge klarer herauszustellen. Je mehr sich demnach die denkbare Vielfalt technisch und funktional bedingter Formen lichtet, desto deutlicher treten die Beziehungsmomente zwischen den einzelnen Elementen hervor, eröffnen sie Möglichkeiten für die Entfaltung der architektonischen Idee.

Dies gilt für die Konzeption eines architektonischen Raumes ebenso wie für die Konzeption einer Tragkonstruktion, die in ihrem ästhetischen Ausdruck zurückgenommen und nicht der Gefahr ausgesetzt wird, sich in inhaltsschweren, heroischen Gesten zu verlieren. Durch Abstraktion wird vermieden, dass die Konstruktion sich verselbständigt, dass Material- und Detailverliebtheit zu Werten an sich werden und die ursprüngliche architektonische Idee nur noch schemenhaft wie durch einen Filter erahnbar ist.

Analytisches Denken ermöglicht den Umgang mit klaren, einfachen, in der Geschichte begründeten Bautypen. "Einfach" ist dabei nicht die Einfachheit rein zweckrational orientierter Gestaltung, auch nicht die Zurückhaltung einer bewussten, womöglich modischen Anspruchslosigkeit. Gemeint ist jene Einfachheit, die das Unnötige ausschließt, das Allgemeingültige aber herausschält und auf Grundphänomene reduziert. Erst die Fähigkeit, Archetypen als Urbilder "des Seienden" zu erkennen, ermöglicht das Strukturieren der Gedanken und somit eine Analyse der Entwurfsaufgabe. Folglich geht es nicht um die Verwendung der Typen im rezeptiven Sinne, sondern um den Typus als Anlass, somit darum, aus der genauen Kenntnis typologischer Zusammenhänge im Ganzen wie im Detail das Thema eines Entwurfs zu entwickeln.

Wenn wir Genauigkeit und Disziplin einfordern, berufen wir uns auf die Gesetzmäßigkeit geometrischer Ordnungen. Gleichwohl sprechen wir nicht über geometrische Ordnungen um ihrer selbst willen, sondern stets unter dem Gesichtspunkt, ästhetische Komplexität zu formulieren und zu ordnen, um auf diesem Weg der Zufälligkeit und Beliebigkeit zu entgehen. Wir lehren Tradition, indem wir auf Aspekte des arithmetischen, wissenschaftlichen Denkens im methodischen, also "handwerklichen" Sinne zurückgreifen. Wir reden nicht der Verwendung einer geometrischen Struktur als universeller architektonischer Sprache das Wort, nicht der einförmigen Anonymität vordergründiger Geometrie, sondern der feinsinnigen, mehrschichtigen Variante. Wie Sokrates würden wir sagen: "Was gibt es geheimnisvolleres als die Klarheit?" (Paul Valery)

Wir vertreten die Auffassung, dass die intensive Auseinandersetzung mit architektonischen Konzeptionen sowie das Studium von Typologien, Zahl und Ordnung Voraussetzungen dafür sind, als Architekt "denken zu lernen", sprich: die sich stellenden Fragen rational anzugehen. Der Künstlerarchitekt kann somit nicht Ziel unserer Ausbildung sein. Er wird sich im Einzelfall, oft ohne schulisches Dazutun, allein aufgrund seiner Biographie entwickeln. Wenn hingegen im Ergebnis studentische Arbeiten entstehen, die das Einfache, das Pauvre nicht meiden und zugleich aus einer Selbstverständlichkeit heraus zu überzeugenden architektonischen Konzepten gelangen, dann ist das Ziel unserer Lehre erreicht.