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Fakultät Architektur und Bauingenieurwesen

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Im Bauwerk soll sich der Stolz, der Sieg über das Schwere, der Wille zur Macht versichtbaren; Architektur ist eine Art Macht-Beredsamkeit in Formen...
Friedrich Nietzsche, Streifzüge eines Unzeitgemäßen, 1889*

Unsere Städte hingegen verflachen. Ikonen überfluten den Horizont. Die Macht der Stille jedoch manifestiert sich allein im Monument. - Mit dieser These möchte der Lehrstuhl Gebäudetypologien der TU Dortmund die Reflexion über die Positionierung öffentlicher Bauten - insbesondere Museen und deren monumentale Wirkung - in den Mittelpunkt der Diskussion stellen.

Vor 40 Jahren lud Joseph Paul Kleihues 21 Architekten nach Dortmund ein, um gemeinsam innerhalb der von ihm gegründeten Dortmunder Architekturtage aktuelle Museumsentwürfe in den internationalen Kontext von Museumsbauten seit 1945 zu stellen: der Museumsbau als exemplarische baukünstlerische Bauaufgabe. Seit dem führte die Diskussion zwischen Künstlern und Architekten zu Fragen der idealen abstrakten Raumkonstellation (siehe Remy Zaugg, White Cube etc.), zu der Infragestellung der führenden Rolle des Architekten (siehe Manifest Wolfgang Laib 1989 **) oder zu sozialen Fragen wie Transparenz und Inklusion. Diskurse wie öffentlicher Raum sich Typologien aneignen und bestimmen, ließen bemerkenswerterweise bei allen unterschiedlichen Sichtweisen und Aspekten der Diskussionen den einen für Museumsbauten immanenten und zentralen Begriff der Monumentalität aus.

Obwohl gerade die Postmoderne mit Aldo Rossi eine neue Definition der Monumentalität zeichnerisch und bildlich entwickelt, bleibt die Kritik der „modernen“ Stadt in Ihren Schriften und Theorien diese Klärung schuldig. Ja es scheint, dass mit der langsam eintretenden Erkenntnis des Scheiterns der Moderne dieses tektonische Instrument, welches sich ja gerade innerhalb der Avantgarde mit Gropius, Mies und Le Corbusier verdichtet hatte und sich mit den Nine Points on Monumentalty 1943 von Giedeon/Set/Léger erneut manifestiert bzw. sich durch Kahn, Johnson, Roche, Tange etc. bestätigt hatte, radikal tabuisiert wird und statt dessen allein die Relation von Monument und Macht*** in den Vordergrund der Wahrnehmung tritt.

Monumentalität wird seit dem bis heute weder von Künstlern noch von Architekten in Projekten offen als Qualität benannt und es scheint, dass selbst in Diskussionen um städtebauliche Hierarchien dieser Begriff entweder negativ behaftet ist oder gar nicht existiert. Künstler wie James Turrell, Anish Kapoor, Carsten Nicolai etc. hingegen arbeiten offensichtlich mit den Eigenschaften des Monumentalen und schätzen gleichzeitig die monumentale Kraft industrieller Räume als Ausgangspunkt für Ihre Arbeit. In der Architekturdebatte jedoch scheint der Begriff der Monumentalität unabdingbar mit antidemokratischer Überhöhung und politischem Machtanspruch verbunden zu sein, so dass ein offener Diskurs nicht stattfindet. Zeitgleich lässt sich beobachten wie mit dem Auflösen und Überschreiben vieler öffentlicher Institutionen wie Kirchen, Banken, Postgebäude, Bahnhöfe, Kinos, Tankstellen etc. diese Gebäude ihr Gesicht verlieren. Sie büßen Ihren identitätsstiftenden Charakter im städtischen Gefüge ein und ihre Monumentalität wird kommentarlos aufgehoben. Damit verliert die Stadt ihren ersten Indikator für stadträumliche Hierarchien. Die Architektur hingegen verliert das Moment der Stille.

Wie sehr beeinflussen Monumentalbauten die Entwicklung unserer Städte?

Haben wir einen selbstverständlichen Umgang mit Monumentalität verloren?

Ist dies immer noch die Folge eines politisch konnotierten Missverständnisses allein oder liegt es auch am Unvermögen des Architekten den Begriff des Monumentalen in all seinen Schattierungen aufzubrechen?

Es scheint, dass mit dem Beginn des 21. Jahrhunderts und dem Beginn der digitalen Rastlosigkeit der Museumsbau vielleicht die einzig verbliebene Disziplin ist, in der Monument und Monumentalität noch immer eine Einheit bilden dürfen, wenn auch unausgesprochen.

* Friedrich Nietzsche Götzendämmerung, Streifzüge eines Unzeitgemäßen, 1889
** Wolfgang Laib in „Wir meinen auch, dass dies eine Sache der Künstler und Kuratoren ist und nicht der Architekten.“ Veröffentlicht in: Museumsarchitektur – Texte und Projekte von Künstlern, Kunsthaus Bregenz 2000,
(dt./engl. Ausgabe)
*** gleichnamige Ausstellung 1998 DAZ Frankfurt: Moderne Architektur in Deutschland 1900 bis 2000, Bd.3: Macht und Monument Hrsg. Romana Schneider, Wilfried Wang